Sonntag, 7. November 2010

Sleipnir IV kommt nach Heiligenhafen

1986. Beim WHS/HSC (Westfälisch-Holsteinische Segler-Vereinigung mit Hochschul-Segelclub Münster e.V.) im Hafen nahe meines Elternhauses konnte ich einen Liegeplatz bekommen, also mußte das Schiff nach Heiligenhafen.
Große Möglichkeiten der Überholung gab es ohnehin nicht in Strande, deshalb wurde nur das Unterwasserschiff gestrichen und die kaputte Saling repariert. Außerdem wollte ich jetzt segeln, fürs Überholen würde ich die nächsten Jahrzehnte noch Zeit haben!


unterm Kran in Strande

Der Hafenmeister in Strande kannte das Schiff und auch die Vorbesitzerin hatte es angedeutet: "Das Schiff macht erst mal ordentlich Wasser. Das ist normal. Unbedingt eine Nacht in den Gurten hängen lassen!" Als wir am nächsten Morgen vorm Dienst anrückten, um nach dem Rechten zu sehen, hatte sich diese Prophezeihung voll erfüllt:
Der Schiffsbauch stand gestrichen voll Wasser, die Sitzbänke im Salon waren überflutet und die darauf abgestellte Werkzeugkiste abgesoffen. So fiel der Dienst an diesem Vormittag aus und es brauchte Stunden, bis wir mit unseren Pützen den Dampfer irgendwann leer hatten. Die elektrische Gartenpumpe meines Schwiegervaters war nun im Dauerbetrieb in der Lage, Sleipnir lenz zu halten.




Am Wochenende wurde der Mast gesetzt und das Schiff eingeräumt, dann konnte es losgehen: Überführungsfahrt nach Heiligenhafen!


Überführungsfahrt nach Heiligenhafen
  
Der Überführungstörn verlief relativ unproblematisch.

"Sleipnir IV" in Heiligenhafen 1986

Problematisch hingegen blieb allerdings das weiterhin eindringende Wasser. Im Hafen war eine über die Bordbatterie gespeiste zwölf Volt Bilgenpunpe ausreichend, im Seegang und bei Schräglage musste intensiv mit der Handpumpe unterstützt werden, um das Schiff über Wasser zu halten. Auf der Luvseite machten die Plankennähte mitunter so weit auf, das man in der dunklen Bilge grünes Tageslicht sehen konnte.
Einmal mußte eine Segeltour gegen die See nach Kiel abgebrochen werden, um vor dem Wind abzulaufen und den bis zu den Sitzbänken vollgelaufenen Kahn wieder lenz zu bekommen. Es dauerte Jahre, bis ich dem Mut fasste, energische Eingriffe in die Originalsubstanz des Rumpfes zu unternehmen, die endlich Wirkung zeigten.
In den ersten Jahren verfügte ich auch nicht über die Mittel, um das Schiff wünschenswert zu überholen und auszustatten. So beschränkten sich die Maßnahmen auf das, was mit viel Zeit, aber ohne viel Geld zu bewerkstelligen war. Bald erstrahlten alle Lackschichten in neuem Glanz, lose Verbindungen waren wieder fest, das immense Ruderspiel war beseitigt und das mit hellblauem "Tischtennisplattenbelag" bespannte Deck war abgedichtet und weiß überstrichen. 

Kurz nach der Anschaffung des Schiffes ließ ich allerdings bei Firma Toplicht in Hamburg einen recht teuren, über vier Meter langen Schiffsstander anfertigen, der das achtbeinige Pferd Odins mit langem Schweif in weiß auf rotem Grund darstellte und fortan im Mastop von "Sleipnir IV" zu sehen war, sowie das Schiff segelte.


 
Und so wurde gesegelt, solange es das Material aushielt - die Schoten bis sie brachen, die Schienen bis sie aus dem Deck flogen und die Segel bis sie rissen (Die wurden zunächst aber immer noch wieder repariert). 1988 ging es das erste Mal nach Dänemark.
Was mir nicht mehr gut erschien, waren
die Metallteile. Sie waren ursprünglich feuerverzinkt und vom Vorbesitzer mit einer Bleimenninge überpönt worden, unter der nun der Rost hervorquoll. Also wurden die Bodenwrangen und Beschläge des Rumpfes jeweils im Winterlager nach und nach ausgebaut und durch Neuanfertigungen aus Nirostahl ersetzt. Vor allem die Püttings, also die Stahlteile, die den Mast seitlich halten, jagten mir beim Ausbau doch einen gewaltigen Schrecken ein, da das einst zehn Millimeter dicke Material bis auf zwei Millimeter weggerottet war.
Die Kielbolzen hingegen sind aus Bronze gefertigt und halten das drei Tonnen Bleigewicht auch heute noch in seiner Position.
Im Laufe der Zeit war es mir dann möglich, auch finanzintensive Umbau- und Erneuerungsmaßnahmen durchzuführen, hingegen wurde die zur Verfügung stehende Zeit nun immer knapper.


1989 war ich Leutnant zur See und kam als Wachoffizier wieder an Bord eines Ubootes. Mein Kommandant sagte, als er von meinem Segelschiff erfuhr, daß ich "Das" wohl vergessen könne, denn ich würde in Zukunft keine Zeit mehr für sowas haben. Er behielt nicht recht. Ich nahm mir die für mein altes Schiff erforderliche Zeit, auch wenn es für die berufliche Kariere nicht immer förderlich sein sollte.
1993 endete meine Zeit als Wachoffizier und zum April wurde ich an die Marineschule Mürwik nach Flensburg versetzt. In diesem Jahr hatte Sleipnir noch den Liegeplatz in Heiligenhafen und es war das erste (und einzige) Mal gelungen, über das Hafenamt der Stadt Kiel einen Liegeplatz in Kiel-Stickenhörn (sozusagen direkt vor unserer Haustür) zugewiesen zu bekommen.
Trotz dieser beiden Liegeplätze befand sich "Sleipnir IV" den ganzen Sommer über in Flensburg, wo sie im Hafen der Marineschule Mürwik liegen konnte, da sie zur "Segelausbildung" in meinem Lehrgang genutzt wurde. Von den Skippern der "Marine-Zwölfer" erhielt ich seinerzeit Kenntnis von einer
"Veteranenregatta", die in Laboe gesegelt werden sollte.

Kurz vorm Startschuss zur "V. Internationalen Veteranenregatta"
  
So kam es, daß "Sleipnir IV" seit dem an den "Internationalen Veteranenregatten", später "German Classics Laboe", teilnahm. 

6mR"Sleipnir IV" neben 6mR"Steam"
am rostigen Pier des alten Hafens von Laboe 1993


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